Gewalt, die Unschuldige traf –

gedenkveranstaltung-haigerloch-4Pogromnacht 1938: Gestern Gedenkfeier mit Landrat Pauli in der Ehemaligen Synagoge Haigerloch
Von Thomas Kost

Haigerloch. »Was das Böse braucht um zu triumphieren, ist das Wegschauen der Mehrheit«: Worte des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, die Bürgermeister Heinrich Götz gestern bei der Gedenkfeier in der Ehemaligen Synagoge sprach. Dort wurde an die verbrecherischen Taten gedacht, die vor 70 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10 November 1938 an der jüdischen Bevölkerung, ihrem Besitz und ihren Gotteshäusern begangen worden waren. Nicht nur in den großen Städten Deutschlands, sondern auch in kleinen Landgemeinden wie Haigerloch.

Haigerlochs Stadtoberhaupt erinnerte daran, wie 45 SA-Leute in jener Nacht nicht nur die Synagoge demolierten und verwüsteten, sondern auch 16 weitere Häuser im Haag. »Ein Terror«, so Götz, »der Menschen traf, die sich nichts zu Schulden kommen lassen haben und nur verfolgt wurden, weil sie Juden waren.«

Auch Landrat Günther-Martin Pauli forderte dazu auf, die Erinnerung an diese Greueltaten aufrecht zu erhalten. Die Verbrechen seien nicht irgendwo geschehen, sondern hier in der Region: In Haigerloch, Hechingen, Horb und anderswo. Deshalb seien auch Gedenkstätten wie die Ehemalige Synagoge in Haigerloch wichtig. Pauli: »Sie geben Impulse dafür, dass in unserer heutigen Gesellschaft wieder Werte wie Mitmenschlichkeit und Toleranz in den Vordergrund rücken.«

Die evangelische Pfarrerin Els Dieterich kritisierte die passive, vom latenten Antisemitismus durchzogene Haltung beider Kirche nach den Geschehnissen. Nur wenige wie der Theologe Dietrich Bonhoeffer oder Bischof Sproll aus Rottenburg seien damals aufgestanden und hätten das Unrecht angeprangert. Der Rest habe sich in »mutloses Schweigen« gehüllt.

Helmut Gabeli, zweiter Vorsitzender des Gesprächskreises Ehemalige Synagoge zeigte danach mit seinem Vortrag »Reichspogromnacht 1938 – nichts als Scherben?« die Bedeutung der Schreckensnacht für das, was auf sie folgte auf (wir berichten noch) – siehe nächstes Bild, zur Vergrößerung anklicken.
Der Chor »Vox Humana« gab der Gedenkfeier einen würdigen Rahmen. Mit hebräischen Liedern und christlichen Psalmgesängen schlug er eine Brücke zwischen den beiden Religionen.

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Herr Kost gab die Genehmigung zur Veröffentlichung seiner Berichte vom 10./11.  November 2008 im Schwarzwälder Bote.


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Ehemalige Synagoge Haigerloch – 09. November 2008 – Foto Hentsch

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