FREIHEIT – SO NAH, SO FERN – Eröffnung der Ausstellung in Bisingen – und Vortrag: „Das Schweigen redet“

Herzliche Einladung des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen zu zwei Veranstaltungen im April: SO NAH - SO FERN - Plakat70 Jahre nach dem Ende der nationalistischen Konzentrationslager präsentieren Gedenkstätten in Frankreich und Baden-Württemberg als Gemeinschaftsprojekt eine Ausstellung zum doppelten Ende des Konzentrationslagers Natzweiler – rechts und links des Rheins  Der Verein „Gedenkstätten KZ Bisingen“ war in die Vorbereitungen für das Projekt, das vom französich-deutschen Ausstellungsteam, Frederique Neau-Dufour, Leiterein der CERD/Gedenkstätte Natzweiler-Struthof und Dorothee Roos, Vorsitzende der KZ-Gedenkstätte Neckarelz, ab Sommer 2013 eingebunden. Es war uns ein Anliegen diese großartige Ausstellung zu dem Termin, als die „Wüste“-Lager“ im April 1945 aufgelöst wurden, nach Bisingen zu bringen.

Programmablauf zur Eröffnung:

Begrüßung durch Roman Waizenegger, Bürgermeister Bisingen

Begrüßung durch die Vorsitzende des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen

Beitrag von Sr. Silvia Pauli und Stephan Britt, Klarinette 

Vortrag zum Thema: Dr. Andreas Zekorn, Kreisarchivar, Balingen

– Beitrag von Sr. Silvia Pauli und Stephan Britt, Klarinette

Ein Wort zum Abschluss: Dieter Grupp, im Vorstand des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen 

Wir danken der Gemeinde Bisingen für die großzügige, umfassende Unterstützung in den Vorbereitungen für die Ausstellung und die Übernahme der Versicherung. Unser Dank geht auch an die Landeszentrale für Politische Bildung, Abteilung „Gedenkstättenarbeit“ für die Bereitstellung des Ausstellungskatalogs, der Pressemappe und der Flyer und für alle optimale Unterstützung bei Nachfragen. Freiheit - So Nah, So Fern

Link: Centre Européen du Résistant Déporté Link: KZ-Gedenkstätte Neckarelz

Link: LpB-Stuttgart – Gedenkstättenarbeit ← per Klick vergrößern 

Link zur Presse des Schwarzwälder Bote: Das doppelte Ende des Lagers Natzweiler HoZoZei 2 Kopie Plakat 17. April 2015 - Joh

Zum Freitag, dem 17. April 2015 laden wir herzlich zu einem Vortrag mit dem Referenten Johanne Czwalina, Riehen. Schweiz ein. Link zur Gedenkstätte Riehen: Gedenkstätte Riehen 

Zum Referenten Johannes Czwalina

Der ehemalige kleine Bahnhof Riehen, Schweiz, unmittelbar an der Grenze zu Deutschland gelegen ist seit Februar 2012 eine „Gedenkstätte für Flüchtlinge“ –  und eröffnet seinen Besuchern eine wahrlich erstaunliche und traurige Geschichte gleichermaßen. Zu verdanken ist die Entstehung der Gedenkstätte Johannes Czwalina, gebürtig in Berlin, Dipl. Theologe, Berater, Referent und Auto. Seit 1973 lebt er in der Schweiz und ist seit Mitte der 80er SchweizerStaatsbürger zu verdanken. Er hatte vor einigen Jahren das leer stehende Bahnhofgebäude von der Deutschen Bundesbahn gekauft mit dem Gedanken, ein kleines Gästehaus darin einzurichten. Dann erfuhr Czwalina in Riehen, dass an dieser Station unter dem Nazi-Regime jüdische Menschen, die aus Deutschland, die in die Schweiz fliehen wollten nach Deutschland zurück transportiert und der Vernichtung zugeführt wurden.

Czwalina, der selbst in Berlin in einem Haus, deren ehemalige jüdische Besitzer im KZ ermordet wurden, aufgewachsen war, war entsetzt. Es war ihm klar, dass er an diesem Ort kein „nettes“ Gästehaus eröffnen könnte – und der Gedanke für eine Gedenkstätte ließ ihn nicht mehr los. Czwalina widersetzte sich aller Schwierigkeiten, die sich seinem Vorhaben in den Weg stellten – er ging den Weg, sein Vorhaben ohne „wenn und aber“ zu realisieren. Der Besuch von Sr. Silvia Pauli in Bisingen anlässlich des 10jährige Bestehen des Vereins „Gedenkstätten KZ Bisingen“ im November 2013 und anschließende, persönliche Gespräche ebneten den Weg zu einem persönlichen Kennenlernen Czwalinas und seiner Gedenkstätte in Riehen im Frühsommer 2014

2013 erschien sein Buch: Das Schweigen redet – Wann vergeht diese Vergangenheit? In einer Vorbemerkung zum Buch schreibt Czwalina: „Seit meiner Kindheit zieht sich eine Spur der Trauer durch mein Leben. Die ich nicht loswerde. Sie setzte ein, als ich erfuhr, dass in dem schönen Haus meiner Jugendjahre zuvor Juden gewohnt hatten, die ihr Leben im Holocaust verloren haben, und sie war auch gegenwärtig beim Schreiben dieses Buches.“ Und in einem Geleitwort schreibt Albrecht Fürst zu Castell-Castell: „In sorgfältiger, gründlicher Weise hat Czwalina beschrieben, welche Auswirkungen das Schweigen – ich will es zwanghaftes Verschweigen nennen – auf das ganze Leben eines Menschen hat.“

Dr. Christine Glauning mit einem Ausblick in die Gedenkstättenzukunft

Samstag, der 30 November 2913 – der letzte Abend der Veranstaltungsreihe zum 10jährigen Bestehen des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen sollte einem Ausblick in die Zukunft der Gedenkstättenarbeit ganz generell gewidmet sein. Der Vorstand des Vereins freute sich, dass für diesen Abend Dr. Christine Glauning aus Berlin nach Bisingen kam. Christine Glauning hatte 1996  die Konzeption der Aussutellung „Schwierigkeiten des Erinnernes“ im Heimatmuseum übernommen, die damals als zunächst temporäre Ausstellung über die Zeit des KZ Bisingen, dem „Wüste“-Werk 2 des Unternehmen „Wüste“ von 08/1944 – 04/1945 am 03. November 1996 eröffnet wurde.2 Jahre später, am 25. Oktober 1998 wurde der von Glauning konzipierte „Geschichstlehrpfad“ eröffnet – dem ging die Enthüllung des ersten „Jüdischen Gedenksteines“ auf dem KZ-Friedhof Bisingen voraus. Über beide Ereignisse kann unter den Kategorien 1996 und 1998 mit vielen Bildern und Presseartikeln nachgelesen werden. Seit 2006 ist Chritine Glaunig Leiterein des Dokomentationszentru,s NS-Zwangsarebeit in Berlin Oberschöneweide – im Frühjahr 2013 wurde das Dokumentationszentrum in einer neuen Konzeption von Dr. Glauning neu eröffnet: Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Verein Gedenkstäten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12.2013 -2Verein gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning&Sr. Silvia Pauli 30.12.2013 -3Am Nachmittag des 20.11. trafen sich Christine Glauning, Schwester Silvia Pauli und die Vorsitzende des Vereins um 16Uhr auf dem KZ-Friedhof in Bisingen – Christine Glauninghatte darum gebeten, ihre ehemaligen Wirkungstätten zu besuchen – der Gang über den Geschichtslehrpfad musste aus Verein Gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 20.12.2013 -7Verein Gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12,2013 -5Verein Gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12.2013 -4zeitlichen Gründen entfallen, ein Gang durchs Bisinger Heimatmuseum brachte Erinnerungen an vergangenen Jahre zurück. Im Folgenden derBericht über den Vortrag von Dr. Glauning,  den unser Vorstandsmitglied, Dieter Grupp, für die Press geschrieben hat: „Die Zukunft der Gedenkstätten“ Christina Glauning denkt über die Zeit nach den Zeitzeugen nach. PICT284Verein Gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Glauning 30.12.2013 -1aAnlässlich des 10-jährigen Bestehens des KZ-Gedenkstättenvereins Bisingen wurde ein dreitägiges Festprogramm am 30. November abgerundet von dem Vortrag der Historikerin Christine Glauning, die ab 1996 das Heimatmuseum Bisingen konzipiert und den Bisinger Geschichtslehrpfad entworfen hat. Heute leitet Glauning die Außenstelle Niederschöneweide des Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ in Berlin, wo sie sich mit der NS-Zwangsarbeit befasst. Verein Gedenkstätten KZ Bisingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12.2013 -4aNach einstimmenden Gitarrenklängen von Jannik Bitzer blickte Glauning zunächst auf den Aufbau des Heimatmuseums zurück und die damals kontroverse Diskussion darum, dass dieses Museum ausschließlich dem KZ-Außenlager gewidmet wurde. Sie schilderte die Suche nach Überlebenden und den ersten Kontakt mit diesen, die Gespräche mit Bisinger Bürgern und wie die Geschichte bis heute nachwirke. Dabei sparte sie nicht mit Lob für die Weiterentwicklung des Bisinger Museums seither und die nachhaltige ehrenamtliche Arbeit, die hier geleistet wird. Verein Gedenkstätten KZ BIsingen 10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12.2013 -8Wenn die Gedenkstätten in die Zukunft blicken, heißt das, dass sie ihre Arbeit in den nächsten Jahren ohne die Zeitzeugen machen müssen: Von den Bisinger Überlebenden sind zuletzt Otto Gunsberger und Isak Wasserstein im hohen Alter verstorben; der letzte Überlebende ist Shalom Stamberg, der die Feierlichkeiten im KZ-Gedenkstättenverein die letzten drei Tage begleitet hat. Dieser Verlust ist gleichbedeutend mit dem Verlust der persönlichen Begegnung, der Möglichkeit, Fragen zu stellen, und dem nachhaltigen Eindruck, den solch eine Begegnung immer bei den Heutigen hinterlässt. Die KZ-Überlebenden haben die Überlieferung zu dem NS-Terrorsystem enorm bereichert, nicht zuletzt, in dem sie den Häftlingsalltag in stets beeindruckender Weise schildern konnten und auch Hilfsaktionen der Bevölkerung vor Ort bestätigen konnten. Ob dieser Verlust durch die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Quellen aufgewogen werden kann, muss sich erst noch zeigen. Nachdem die Aufgabe des Erinnerns inzwischen Commonsense sei, gehe es heute weniger um das Ob als vielmehr um das Wie des Erinnerns, so Glauning. Dabei werde die Leitkategorie Gedenken zunehmend durch die Leitkategorie Lernen und kritische Auseinandersetzung abgelöst. Wichtig sei eine kritische Aneignung, eine lebendige Erinnerung und nicht nur Pathosformeln zu bestimmten Gedenktagen. Nicht zuletzt über allgemeine menschliche Erfahrungen wie Verfolgung und Zwangsmigration seien auch heute noch Anknüpfungspunkte für die historische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus vorhanden – gerade auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Verein Gedenkstätten KZ Bisingen -10jähriges Dr. Chr. Glauning 30.12.2013 -9An zwei Beispielen schlug Glauning eine Schneise zur aktuellen Arbeit in Bisingen: Zum einen verwies sie auf die zunehmende Bebauung des historischen Lagergeländes – dies müsse man im Auge behalten, nicht dass sich der historische Ort irgendwann nicht mehr finden lasse. Zum anderen machte sie darauf aufmerksam, dass die historische Zuwegung des KZ-Friedhofs durch die heutige Anlage ad absurdum geführt werde – man nähere sich der Gedenkstätte nicht mehr so an, wie es 1947 konzipiert wurde, nämlich von Süden. Glauning regte an, darüber nachzudenken, ob diese historische Zuwegung durch eine Änderung des Bewuchses wieder forciert werden sollte. Allgemein zur Zukunft der Gedenkstättenarbeit wies Glauning auf das Potenzial des biographischen Zugangs zum Thema hin: Über gut dokumentierte Lebensläufe sei auch für heutige Jugendliche eine Annäherung an das Thema der nationalsozialistischen Verbrechen interessant. Gleichzeitig seien aber der intergenerationelle und der internationale Dialog zwei Säulen der dortigen historischen Bildungsarbeit, die man nicht vernachlässigen dürfe. Schließlich müssten die vielerorts tätigen Gedenkstättenvereine ihre Arbeit bündeln und untereinander vernetzen. In unserer Region sah Glauning diese Entwicklung mit dem Gedenkstättenverbund Gäu-Neckar-Alb schon auf einem guten Wege. Um diese Ausführungen zu verdeutlichen und die Bedeutung konkreter historischer Orte zu betonen, stellte Christine Glauning ihre Arbeit am Dokumentationszentrum „NS-Zwangsarbeit“ in Berlin vor. Dort werde die NS-Zwangsarbeit als Teil der europäischen Geschichte aufgearbeitet. Angesichts von 8,4 Millionen Verschleppter ist die NS-Zwangsarbeit ein Thema, das weit über den nationalen Raum hinausgreift. Drei Leitthesen sind das konzeptionelle Gerüst der dortigen Ausstellung: 1. Zwangsarbeit war allgegenwärtig, 2. sie war ein Massenphänomen und 3. der Alltag der Zwangsarbeit war von Rassismus geprägt.  Wie sehr die deutsche Bevölkerung Zwangsarbeit als kriegsbedingte Notwendigkeit ansah und wie wenig sie deshalb ein Unrechtsbewusstsein dafür entwickelte, demonstrierte Glauning mit einer Reihe von privaten Fotografien, auf denen Privatpersonen Fotos von Zwangsarbeiterlagern gemacht haben, die direkt an Wohngebiete angrenzten und so Teil des Alltags der deutschen Bevölkerung waren. Glauning gelang es eindrucksvoll, Wege aufzuzeigen, wie man mit historischem Quellenmaterial bei Jugendlichen Interesse wecken kann, sei es über die segmentelle Bildanalyse oder sei es über szenische Lesungen. Nach einer regen Diskussionsrunde im Anschluss verwies die Vorsitzende des KZ-Gedenkstättenvereins Uta Hentsch darauf, dass am Morgen eine fast dreistündige audiovisuelle Dokumentation mit Shalom Stamberg erstellt worden sei und dankte ausdrücklich den Sponsoren dieses Projekts sowie des Vereinsjubiläums, der Landeszentrale für politische Bildung, Stuttgart, Abteilung „Gedenkstättenarbeit“  sowie der Stiftung  „Erinnerung – Verantwortung und Zukunft“ in Berlin. 

Fotos: HentschHoZoZei 03.12.2013 Chr. Glauning